Alltag

Die durch die Myasthenie notwendigen Veränderungen des Alltages sind individuell sehr verschieden und hängen nicht nur von der Schwere der Erkrankung, sondern vor allem auch davon ab, wie stark die Symptome den Ablauf des gewohnten Alltags behindern. Deswegen sollte sich jeder aus diesen Hinweisen nur das heraussuchen, was die eigene Situation trifft. Wenn Du weitere Tipps hast, schick sie mir zu, ich erweitere die Liste gerne!

  • Wenn die Kräfte nur für eine begrenzte Zeit reichen, sollte man Pausen im Tagesablauf einplanen.
  • Je begrenzter die Kräfte sind, desto gründlicher muß man lernen, sie einzuteilen.
  • Eine Mittagsruhe, ein Mittagsschlaf können neue Kraftreserven für den Nachmittag und Abend bewirken.
  • Arbeiten, für die die eigenen Kräfte nicht ausreichen, sollte man möglichst an andere abgeben. Ist das nicht möglich, sollte man überlegen, ob sich die Arbeit auf andere Art und Weise leichter bewältigen läßt. Hier ist Phantasie gefragt! Oftmals bewirken kleine Veränderungen in der Handhabung schon eine große Erleichterung.
  • Wo immer es sinnvoll und machbar ist, sollte man technische und/oder elektrische Hilfsmittel einsetzen.
  • Bei Küchengeräten und anderen Hilfsmitteln beim Kauf auf eine möglichst einfache und myasthenie-freundliche Bedienung und geringes Gewicht achten.
  • Wer Schwierigkeiten mit den Armen hat, sollte in Schränken o.ä. oft benötigte Gegenstände nicht über Kopfhöhe aufbewahren. Ganz besonders gilt dies für schwere Gegenstände! Eine Tretleiter kann helfen, die Reichweite zu vergrößern.
  • Wer Schwierigkeiten beim Stehen hat, sollte wann immer nötig eine Stehhilfe benutzen. Viele Arbeiten lassen sich auch im Sitzen erledigen.
  • Auf glatten Fußböden können ABS-Socken oder Hausschuhe Stürze verhindern.
  • Ein Auto mit Servolenkung und Automatikgetriebe kann wertvolle Kräfte sparen.
  • Um in Notfällen gewappnet zu sein, ist es sinnvoll, immer einen Notfallpass mit sich zu führen. Denn gerade bei Unfällen ist es notwendig, dass die Ärzte über die Myasthenie informiert werden.
  • Wenn das Atmen nachts schwierig ist und vor allem bei häufigen nächtlichen Atemaussetzern (Apnoe) kann ein Bi-PAP Atemhilfsgerät Erleichterung bringen, den Schlaf erholsamer machen, und damit für mehr Kraftreserven am Tag sorgen.
  • NEU! Wenn wieder die Kraft zum Husten fehlt, kann man die Bauchmuskeln unterstützen, entweder selber, wenn die Kraft dazu da ist oder jemanden zu Hilfe bitten. Um sich selber zu helfen, kann man sich die Hände in die Taille stemmen, Daumen nach hinten, Finger auf den Bauchmuskeln. Jemand anderes kann einem die Hände während des Hustens auf den Bauch legen und leichten Druck ausüben. Das erleichtert das Abhusten sehr!
  • Um bei der Arbeit und in der Freizeit nicht von anderen Personen unwissentlich überfordert zu werden, ist ein offener Umgang mit der Erkrankung sinnvoll.
  • Bei Schwierigkeiten mit der Gesichtsmuskulatur sollte man mit dem fehlenden Lächeln und dem unbewegten Gesichtsausdruck ruhig offensiv umgehen. Fröhliche Bilder vor dem inneren Auge können helfen, eine positive Stimmung zu erhalten.
  • Ganz wichtig: Lernen, um Hilfe zu bitten und Hilfe anzunehmen.
  • Manche Frauen bemerken eine Verschlechterung der Myasthenie während der Menstruation. In diesen Fällen kann die Pille eine Stabilisierung bewirken.
  • Bei Doppelbildern hilft am einfachsten und schnellsten das Abdecken eines Auges. Mit der Hand ist das zwar machbar, aber umständlich. Eine Augenklappe funktioniert wunderbar, sieht aber sehr verwegen aus. Aus den USA habe ich den Tipp bekommen, sich eine Kontaktlinse mit schwarzem Fleck über der Pupille anfertigen zu lassen – funktioniert genauso gut wie die Augenklappe und ist viel diskreter. Wichtig bei diesen Hilfsmitteln: Die Abdeckung muß regelmäßig (z.B. täglich)  die Seite wechseln, sonst gewöhnt sich ein Auge an das Nichtstun und die Sehleistung nimmt dort ab. Treten die Doppelbilder ständig und gleichbleibend auf, kann man sich vom Augenarzt eine Prismenbrille verschreiben lassen.
  • Hängende Augenlider können durch das Tragen von Kontaktlinsen verbessert werden – ein Vorteil für Fehlsichtige. Reicht das nicht aus, kann man die Lider natürlich auch mit Klebeband tapen (festkleben) – dann sollte man allerdings darauf achten, dass die Augen nicht zu stark austrocknen. Künstliche Tränen (Augentropfen) können dabei helfen.
  • Wenn sich okuläre Probleme und Schwäche der Mimik durch helles Licht verschlechtern, kann eine Sonnenbrille Abhilfe schaffen. Gleichzeitig ist eine dunkle Brille natürlich sehr gut geeignet, um „doppelbildernde“ Augen nach außen zu kaschieren.
  • Für alle die, denen Doppelbilder das Lesen erschweren: Es gibt viele Bücher auf CD als Hörbücher. Zum Ausleihen in Blindenhörbüchereien, zu Kaufen in jeder gutsortierten Buchhandlung.
  • Bei Schwierigkeiten mit dem Schließen der Augen kann ein über die Augen gezogenes Stirnband beim Schlafen hilfreich sein.
  • Alkohol bewirkt bei manchen Myasthenikern ein rotes Gesicht (besonders gut „färbt“ Rotwein) – das ist nicht gefährlich, kann aber lästig (oder lustig?) sein. Gelegentlicher Alkoholgenuß ist sicherlich vertretbar. Allerdings kann Alkohol eine Entspannung der Muskulatur bewirken (besonders die Muskeln der Speiseröhre sollen sich deutlich entspannen), daher kann bereits bei geringen Mengen eine Verschlechterung der MG eintreten.
  • Nikotin und Kaffee können weitere Auslöser für eine kurzfristige Verschlechterung der Symptome sein. Und manche MGler haben auch eine kurzzeitige Verschlechterung durch stark riechende Substanzen – Parfüm, Reinigungsmittel und Lösungsmittel.
  • Wenn die Zunge müde ist und die Wangenmuskulatur schwächelt, dann muß man ganz besonders auf die Mundhygiene achten und nach dem Essen alle Speisereste sorgsam ausspülen. Eine Munddusche kann dabei hilfreich sein.
  • Regelmäßig zum Zahnarzt gehen. Je öfter die Zähne kontrolliert werden, desto weniger umfangreich sind die notwendigen „Reparaturmaßnahmen“ und das wiederum bedeutet, das man den Mund nicht so lange offen halten muß. Wenn größere „Baustellen“ bearbeitet werden müssen, sollte man mit dem Zahnarzt besprechen, ob man die Arbeit auf mehrere Termine verteilen kann. Es ist sinnvoll, wenn der Zahnarzt über die MG-Probleme informiert ist – vielleicht kann er dann auch Pausen zwischendrin einlegen, damit die Muskeln sich erholen können. Rechtzeitig vor der Behandlung das Mestinon nicht vergessen bzw. die Termine bewußt in die „guten“ Stunden legen!
  • Bei Manufactum (und sicherlich auch anderswo) gibt es einen genialen Öffner für Twist-off-Deckel – genial einfach in der Handhabung erleichtert er das Leben ganz ungemein.
  • Im Reha-Fachhandel gibt es eine große Auswahl an Hilfsmitteln, die in schlechten MG-Zeiten das Leben vereinfachen können. Dazu zählen z.B. Kämme mit extra langem Griff, damit man beim Kämmen die Arme nicht so hoch halten muß, Geräte, die das Öffnen von Gläsern und Flaschen bei schwachen Händen erleichtern, Griffe für das Badezimmer, die den Ausstieg aus der Badewanne sicherer machen und vieles mehr.
  • Da die MG sehr gerne auf emotionale Belastungen reagiert, sollte man lernen, mit Streß positiv umzugehen. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, aber wenn man damit wirklich beschäftigt, dann kann man durchaus Möglichkeiten finden, sich nicht mehr so schnell zu ärgern, und sich weniger zu stressen. Manchmal kann man die Umstände des Lebens nicht ändern, aber kann kann die Art ändern, wie man sie sieht!
  • Man sollte sich gedanklich nicht an dem festhalten, was man nicht machen kann, sondern die Aufmerksamkeit auf das richten, was machbar ist.
  • Immer wieder: Herausfinden, was gut tut und was die Beschwerden verbessert. Und das dann in den Tagesablauf integrieren.