Wie behandeln?

Die Myasthenie ist heute aus medizinischer Sicht recht gut erforscht. Noch vor wenigen Jahrzehnten sind Myastheniker regelmäßig an ihrer Erkrankung gestorben, heute bewirkt die Myasthenie keine Verkürzung der Lebenserwartung mehr. Es gibt eine ganze Reihe von Behandlungsmöglichkeiten, die an verschiedenen Punkten ansetzen. Meist werden mehrere Möglichkeiten kombiniert, teilweise sind die Methoden auch nur in Kombination sinnvoll. Welche Medikamente in welcher Dosierung genommen werden sollten und welche Möglichkeiten wann angezeigt sind, läßt sich immer nur individuell festlegen. Erfahrung des Arztes ist daher für die erfolgreiche Behandlung von großer Bedeutung.

Die folgenden Informationen sind von einem medizinschen Laien zusammengestellt und von persönlichen Erfahrungen geprägt, sie erheben keinen Anspruch auf wissenschaftliche Präzision. Vor allem können sie nicht den Besuch beim Arzt ersetzen!

Verbesserung der Reizübertragung – Acetylcholinesterasehemmer

Als erste und wichtigste Behandlungsmöglichkeit wird die Reizübertragung an den Synapsen durch Medikamente verbessert. Das funktioniert, indem der Abbau des Botenstoffs Acetylcholin gebremst wird. Die Medikamente werden fachlich als „Acetylcholinesterasehemmer“ bezeichnet. Es stehen mehrere Mittel zur Auswahl, die binnen kurzer Zeit wirken, deren Wirkung aber auch nur kurze Zeit anhält.
Mehr über Mestinon, Kalymin, Prostigmin, Mytelase und Ephedrin

Behandlung des Immunsystems

Mit der Behandlung des Immunsystems geht man einen Schritt weiter: die Behandlung des Immunsystems soll die Neubildung der fehlgeleiteten Antikörper bremsen und im besten Fall fast komplett stoppen. Dafür stehen verschiedene Medikamente und einige Behandlungsmethoden zur Verfügung.

  • Cortison

    Kortison ist ein Hormon, das im Körper ganz natürlich vorkommt wird. Zur Behandlung vieler entzündlicher Erkrankungen und zur Dämpfung überschießender Immunvorgänge wird Cortison künstlich hergestellt. Bei der Behandlung der Myasthenie wird Cortison sehr erfolgreich eingesetzt, seltsamerweise kann es in den ersten 2-3 Wochen nach Behandlungsbeginn zu einer vorübergehenden Verschlechterung der Myasthenie kommen.

  • Immunsuppressiva

    Da Cortison in der Langzeitbehandlung relativ viele Nebenwirkungen haben kann, werden oft andere Medikamente eingesetzt, um die Neubildung der Antikörper zu bremsen. Die Wirkung dieser Medikmente setzt erst sehr langsam ein, in der Regel ist mit einer Besserung erst nach 3 bis 4 Monaten zu rechnen, es kann aber auch bis zu zwei Jahre dauern, bis der Erfolg der Behandlung spürbar wird. Die Behandlung ist deswegen immer langfristig angelegt.
    Mehr über die verschiedenen Immunsuppressiva

  • Plasmapherese und Immunadsorption

    Bei myasthenen Krisen und in schweren Fällen können die Antikörper auch mechanisch aus dem Blut entfernt werden. Bei der Plasmapherese wird ein Teil des Blutplasmas entfernt, als Ersatz gibt es Humanalbumin oder Spenderplasma. Bei der Immunadsorption wird das Plasma ähnlich wie bei einer Blutwäsche „gereinigt“. Beide Verfahren werden sind relativ teuer und aufwendig, eine Besserung kann damit aber recht schnell erreicht werden. Um zu verhindern, das der Körper anschließend – quasi zum Ausgleich – besonders viele Antikörper produziert, werden in der Regel gleichzeitig Cortison und/oder Immunsuppressiva eingesetzt. Der Effekt dieser Behandlungsvarianten kann mehrere Monate bis Jahre anhalten.

  • Immunglobuline

    Immunglobuline werden als Infusion verabreicht. Ebenso wie Plasmapherese und Immunadsorption werden IVIG bei schweren Fällen und bei myasthenen Krisen eingesetzt. Der Effekt ist in etwa vergleichbar wie bei den beiden vorher genannten Verfahren.

Thymektomie

Bei vielen Myasthenikern ist die Thymusdrüse verändert; sie kann vergrößert sein oder ungewöhnlich aktiv und teilweise kommt es gar zu Thymusdrüsenkrebs. Letzteres war der Grund für die erste Thymektomie, die eine deutliche Verbesserung der Myasthenie zur Folge hatte. Inzwischen gehört die Thymektomie zur Standartbehandlung bei Myasthenia gravis. Bei gut 2/3 der operierten Patienten kommt es zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome, viele können anschließend sogar symptomfrei leben.

Man vermutet, das der Thymus für die Fehlsteuerung des Antikörper verantwortlich ist, er ist quasi die Schule, in der die neuen Antikörper lernen, was sie attaktieren sollen. Möglicherweise sind muskelähnliche Zellen in der Thymusdrüse der erste Angriffspunkt.
Mehr über die Thymektomie

Krankengymnastik und Logopädie

Etliche myasthene Symptome lassen sich durch Krankengymnastik bzw. Logopädie verbessern. Krankengymnastik hat zudem den sinnvollen Nebeneffekt, die betroffenen Muskeln regelmäßig zu stärken und damit einem Muskelabbau vorzubeugen. Bei Problemen mit Armen, Händen, und Beinen, sowie auch beim Atmen können die sog. „PNF-Übungen“ in der Krankengymnastik / Physiotherapie sehr hilfreich sein. Obwohl im Prinzip jeder Pysiotherapeut Grundkenntnisse über die PNF-Übungen haben sollte, lohnt es sich durchaus, gezielt nach jemandem mit einer PNF-Zusatzausbildung zu suchen!
Bei Problemen mit dem Sprechen und Schlucken ist ein Logopäde / Sprachtherapeut der bessere Ansprechpartner, der in diesen Fällen nicht nur mit gezielten Übungen die Muskulatur kräftigen kann, sondern zudem die Schlucktechnik verbessern kann.

Alternative Behandlungsansätze

Es gibt bei den alternativen Behandlungsmethoden eine ganze Reihe, die Besserung oder gar Heilung bei Myasthenie versprechen. Allerdings ist bislang für keine dieser Methoden ein Beweis dafür vorgelegt worden, das diese Versprechen auch gehalten werden. Wer trotzdem alternative Methoden ausprobieren möchte, sollte dabei ein paar sehr wichtige Dinge beachten:

  • Grundsätzlich sollte man sich nur solchen Heilpraktikern/alternativ arbeitenden Ärzten anvertrauen, die eine Kooperation mit den schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten eindeutig bejahen. Die „konventionellen“ Behandlungsmethoden werden deswegen eingesetzt, weil sie nachweislich helfen. Sie haben es ermöglicht, das Myastheniker heute eine normale Lebenserwartung haben und ein weitgehend normales Leben führen können.
  • Bei vielen alternativen Methoden kommen Verfahren oder Mitteln zum Einsatz, die das Immunsystem sehr stark anregen. Myastheniker sollte diese unbedingt meiden, da ein Anregen des Immunsystems auch die Myasthenie anregt und daher keinesfalls heilsam ist!
  • Vor Beginn einer neuen Behandlung sollte man sich gründlich informieren, wie diese wirken soll. Nicht alle Mittel, die das Immunsystem anregen, werden auch offen als solche bezeichnet.
  • Ebenso gründlich sollte man darüber nachdenken, ob das, was man da hört, auch wirklich stimmen kann – manche Heilsversprechungen beruhen mehr auf Glauben als auf Tatsachen und helfen dann vor allem dem Geldbeutel des „Heilers“. Mit nichts kann man so einfach Geld verdienen, wie mit den Hoffnungen chronisch kranker Menschen, und es gibt leider genug schwarze Schafe, die das gnadenlos ausnutzen.