Was ist MG?

Myasthenia gravis pseudoparalytica –  schwere Muskelschwäche

Die Myasthenie ist eine Muskelschwäche, die typischerweise unter Belastung deutlich schlechter wird und sich in Ruhe wieder bessert. Ursache ist eine fehlgesteuerte Immunreaktion, die Myasthenie wird daher zu den sog. Autoimmunerkrankungen gezählt. Die fehlgesteuerten Antikörper bewirken eine Störung der Impulsübertragung zwischen Nerv und Muskel.

Beim gesunden Menschen wird an der Kontaktstelle zwischen Nerv und Muskel an den Endplatten der Nerven Acetylcholin ausgeschüttet, ein Botenstoff, der vom Muskel durch entsprechende Rezeptoren aufgenommen wird. Bei Myasthenikern werden diese Rezeptoren durch Antikörper blockiert und verändert. Diese Antikörper sind bei den meisten Erkrankten im Blut nachweisbar.

Bei der Entstehung dieser fehlgesteuerten Antikörper scheint der Thymus eine wichtige Rolle zu spielen. Diese Drüse, die sich hinter dem Brustbein befindet und beim gesunden Erwachsenen zurückgebildet ist, ist bei Myasthenikern oft vergrößert. Manchmal kommt es sogar zu Thymusdrüsenkrebs.

Erste Symptome der Myasthenie sind oft schwere, hängende Augenlider, Probleme beim Schließen der Augen, Doppelbilder, eine seltsam verzerrte Mimik oder undeutliche, verwaschene Sprechweise. Es kann aber auch sein, das man zu Anfang einfach nur auffällig oft stolpert oder stürzt, Dinge ohne jeden erkennbaren Grund fallen lässt, oder das der Kopf immer schwerer wird.

Zu Beginn sind die Symptome oft nur sehr schwach ausgeprägt und werden daher leicht übersehen oder falsch gedeutet. In der Regel sind die Symptome abends und bei Müdigkeit deutlicher ausgeprägt und morgens wesentlich gebessert. Aber es kann auch ganz anders aussehen. Die Myasthenie ist sehr individuell, untypische Varianten kommen relativ häufig vor.

Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten. Interessanterweise erkranken Frauen häufiger als junge Erwachsene, während Männer öfter im fortgeschrittenen Alter an der MG erkranken. Tritt die MG schon im Kindesalter auf, wird sie als juvenile MG bezeichnet, tritt sie erst im Alter in Erscheinung, spricht man von Altersmyasthenie.

Auch die Schwere der Erkrankung ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. Nach Köhler und Sieb (Myasthenia gravis, Uni-med-Verlag) beschränkt sich bei 10% der Betroffenen die Myasthenie auf die Augenmuskeln. Dies wird als okuläre Form bezeichnet. Bei den übrigen 90% entwickelt sich eine generalisierte Myasthenie. Dabei werden die Symptome von Kau-, Sprech-, Schluck- und Atemmuskulatur als bulbäre Symptome bezeichnet, alle weiteren Symptome werden nicht näher benannt.

Der Verlauf der Krankheit ist ebenfalls sehr individuell. Die Myasthenie kann sich verbessern, oder verschlechtern, die Symptome können sich ausweiten, es können neue hinzu kommen, oder aber verschwinden. Etliche Myastheniker können auch jahrelang ganz ohne Symptome – in Remission – leben. Oftmals sind die Veränderungen in den ersten 5 bis 7 Jahren deutlicher, danach wird der Verlauf meist ruhiger.

Zudem ist die Ausprägung der Symptome sehr von der Tagesform abhängig. Die Myasthenie reagiert auf alle möglichen Lebensumstände. Sehr heftig kann sie reagieren, wenn Infekte oder Stress das Immunsystem anregen. Aber auch Wetterwechsel und die seelische Verfassung des Betroffenen wirken sich auf die Myasthenie aus – positiv wie negativ. Es gibt noch weitere Faktoren, welche die Myasthenie verschlechtern können. Leider kann die MG schwere Krisen mit sich bringen, die sogar zu lebensbedrohlichen Situationen führen können. Aber sie ist behandelbar.

Die Unterschiedlichkeit der Erkrankung, kombiniert mit ihrer Seltenheit und dem geringen Bekanntheitsgrad erschwert leider oftmals die Diagnose. Etliche Myastheniker können wahre Horrorgeschichten von Fehldiagnosen, falschen Behandlungen und verschleppten Diagnosen berichten. Andere haben mehr Glück und finden bald nach ihrer Erkrankung einen erfahrenen Arzt.

Was aber fast alle Myastheniker erleben, das sind die Probleme im Umgang mit der Erkrankung. Es ist nie einfach, krank zu sein. Eine unheilbare Krankheit zu akzeptieren, stellt die meisten Betroffenen vor eine echte Herausforderung. Dabei ist es unendlich wichtig zu lernen, positiv mit der Krankheit und den eigenen Unzulänglichkeiten umzugehen und sich am Leben zu freuen. Denn alles, was der Seele gut tut, wirkt sich positiv auf die Myasthenie aus. Und ist es nicht wunderbar, einen so wichtigen Grund zu haben, glücklich zu sein?